Das Dalai-Lama-Zitat habe ich nirgendwo in geschriebener Form gefunden. Ich kann mich aber inzwischen erinnern, daß es mal auf youtube oder clipfish reingestellt wurde, unter dem Titel "Buddhistisches (bzw. tibetisches) Gebet".
Hier der Rest meiner Baden-Baden-Geschichte. Links liefere ich später nach.
Am Samstagmorgen küssen warme Sonnenstrahlen Andrea wach.Ideales Wetter für einen Stadtbummel. Sie läßt es mit dem Frühstück ruhig angehen, verläßt die Pension erst gegen 10.30 Uhr. Ein Bus fährt gerade los, als sie an der Haltestelle ankommt. Er zeigt ihr damit die Richtung für ihren Stadtspaziergang an. Im Stadtteil Lichtental befindet sich auf einem Hügel, hinter einer mit grünen und roten Kletterpflanzen bewachsenen Mauer, das Brahmshaus. Der berühmte Komponist verbrachte in diesem Gebäude, das ungefähr 1850 errichtet wurde, 10 Jahre lang die Sommermonate. In dem Haus mit romantischem Garten suchte und fand er die nötige Ruhe, um viele seiner heute weltbekannten Kompositionen zu schaffen. Andrea stellt sich vor, auch die Liebesliederwalzer könnten dazugehört haben. Jene Stücke, die sie als Mitglied der Singakademie ihrer Geburtsstadt Cottbus gemeinsam mit ihren MitsängerInnen einstudiert und vorgetragen hat. Mehr als 20 Jahre ist das jetzt her. An einige Textstellen erinnert sie sich heute noch: "Weiche Gräser im Revier, schöne, stille Plätzchen. Oh, wie linde ruht es hier sich mit einem Schätzchen." Bestimmt hat Brahms sich hier gerne ausgeruht, ob mit Schätzchen oder ohne. Und: "Nein, es ist nicht auszukommen mit den Leuten! Alles wissen sie so giftig auszudeuten!" Schwierige Mitmenschen gab es anscheinend schon immer. Das Brahmshaus selbst ist samstags leider geschlossen, so auch heute. Es beherbergt ein Museum über den Komponisten, das von einem Brahms-Freundeskreis betrieben wird. Andrea beschließt, es bei ihrer nächsten Fahrt nach Baden-Baden, die es ganz sicher geben wird, zu besuchen. Sie steigt langsam die steinernen Stufen hinab. Beim Blick aufs Straßenschild schmunzelt sie: Maximilianstraße, sie denkt an den Sänger und Moderator, der dieses Jahr zuerst mit Isabel und danach mit Sarah tanzte. Sie läuft ein Stück weiter, der Wegweiser "Merkurbergbahn" fällt ihr auf. Jedoch ist sie anscheinend vom Weg abgekommen, sie findet die Seilbahn nicht. Auch diese merkt sie sich also für einen späteren Stadtbesuch vor. Dafür gelangt sie, nachdem sie wieder ein paar Schritte gegangen ist, zu einer kleinen Kirche mit 2 Türmen, der 1907 im Jugendstil erbauten evangelischen Lutherkirche. Eine imposante Eiche im Hof heißt alle Eintretenden willkommen. Andrea sieht sich im Inneren des Gotteshauses um, in dem blaue und rötliche Farbtöne dominieren und Wandgemälde biblische Szenen erzählen. An der linken Seite des Altars steht ein hoher, quaderförmiger Korb, der mit Buchstaben in verschiedenen Farben gefüllt ist. Die Lettern sind groß und bestehen aus Schaumstoff. In der Mitte liegen bereits drei Wörter, die aus solchen Buchstaben zusammengesetzt sind: OHNE ANGST LEBEN. Wer möchte das nicht? fragt sich Andrea. Ein Zettel ermuntert sie: Legen Sie Ihr Wort des Tages, das ausdrückt, was Sie heute besonders bewegt. Andrea überlegt eine Weile, will dann HERZENSWAERME legen. Schnell finden sich fast alle Buchstaben dieses Wortes, nur nach dem Z sucht Andrea ziemlich lange. Fast am Boden des Korbes entdeckt sie den fehlenden Buchstaben schließlich und fügt alles zu dem von ihr gewählten Begriff zusammen. "Sehr gut", bemerkt eine Dame, die die Kirche für eine bevorstehende Feier zu schmücken scheint; zum Beispiel befestigt sie seitlich der Kirchenbänke weiße Stoffschleifchen. "Das Wort paßt auch", setzt die Frau hinzu, "denn heute nachmittag wird hier eine Hochzeit stattfinden." "Dann alles Gute für das glückliche Paar", wünscht Andrea, "und ein schönes Wochenende!" Sie möchte den Weg, den der Bus fährt, weitergehen. Daß sie die falsche Richtung eingeschlagen hat, merkt sie erst, als sie abermals vor der Lutherkirche steht, jetzt vor deren Rückseite. Einen Passanten fragt sie nach dem Weg zur Lichtentaler Allee. Andrea vermutet, daß diese am bekanntesten in Baden-Baden ist. Der Mann zeigt in die entgegengesetzte Richtung. "Sie können dorthin auch mit dem Bus 201 fahren", rät er ihr. "Danke", lacht Andrea, "ich möchte laufen, habe heute Zeit, und das Wetter ist ja auch herrlich." In den Bäumen zwitschern die Vögel, die Sonne wärmt wohltuend. Andrea erblickt ein Stück entfernt eine goldene Kuppel, die sie an jene der russischen Zwiebeltürme erinnert. Das Sonnenlicht verleiht ihr noch einmal einen ganz besonderen Glanz. Es handelt sich, wie Andrea auf einem Schild am Eingang liest, um die russisch-orthodoxe Kirche zur Verklärung des Herrn. Sie betritt kurz den Kirchenvorraum. Das Innere des Gotteshauses ist heute nicht öffentlich zugänglich. Draußen begrüßt ein gerade ankommendes Paar Andrea auf Russisch. Diese erwidert den Gruß in der gleichen Sprache und wünscht den beiden einen angenehmen Tag. Religion wird, wie es scheint, in Baden- Baden ein hoher Stellenwert beigemessen. Am Augustaplatz angekommen, erblickt Andrea wiederum eine Kirche mit zwei schlanken Türmen. Wie sie erfährt, handelt es sich um die Evangelische Stadtkirche. Auch hier wird wohl gerade eine Feier vorbereitet, ein Cateringunternehmen ist dabei, Platten mit belegten Brötchen und Kisten mit Getränken aus dem Auto zu laden. Das Erscheinungsbild des Platzes beherrscht ein künstlich angelegter See mit einem hohen Springbrunnen. Östlich grenzt er an die Lichtentaler Straße, westlich an die Oos, wie Andrea später nachlesen wird. An der Lichtentaler Straße befindet sich ein moderner Kirchenbau: St. Joseph, ein katholisches Gotteshaus, das 1961 geweiht wurde. Eine seiner Besonderheiten besteht darin, daß der Kirchturm freistehend, also räumlich vom Kirchenschiff getrennt,ist. Endlich ist es soweit: Sie kann das einmalige Miteinander der unterschiedlichsten Baumarten, zu denen Linden und Eichen, Kastanien und Ginkgobäume zählen, mit der Farbvielfalt von Magnolien und Azaleen, des Rosen- und des Dahliengartens, mit kunstvoll gestalteten, schmiedeeisernen Brücken über die sanft dahinplätschernde Oos, mit luxuriösen Hotels und hübschen Villen genießen: die Lichtentaler Allee! Hinweistafeln am Rand der prächtigen Straße, die in eine zauberhafte Parkanlage eingebettet ist, berichten - durch historische Fotos ergänzt - von der Geschichte des berühmten Weges und der großflächigen Grünanlage. Ursprünglich als vergleichsweise schlichte Eichenallee zwischen dem damals noch außerhalb der Stadtgrenze liegenden Kloster Lichtental und der Stadt Baden-Baden konzipiert, wurde sie ab dem 19. Jahrhundert immer weiter ausgebaut, bis sie zu ihrer heutigen Gestalt fand. Zu den markanten Gebäuden entlang der Allee gehören das Kulturhaus LA 8, die Kunsthalle, das Museum Frieder Burda sowie das Kurhaus, in dem sich außer zahlreichen Räumen für Veranstaltungen auch das legendäre Spielcasino befindet. Die Spielbankbetreiber-Familie Bénazet investierte stolze Summen in die Gestaltung der Allee sowie des übrigen Stadtbildes. Die Wandelhalle der von 16 korinthischen Säulen begrenzten Trinkhalle zeigt 14 Gemälde, die Sagen des badischen Raums darstellen. Die Legende vom Mummelsee hat es Andrea besonders angetan: In klaren Mondnächten entsteigen anmutige Nixen dem Wasser, tanzen und verschwinden kurz nach Mitternacht wieder. Um die Anziehungskraft des Sees selbst zu spüren, muß man übrigens etwa 30 km weit von Baden-Baden aus fahren, was sich Andrea für einen weiteren Ausflug in diese wunderschöne Stadt aufspart. An einem italienischen Eisstand wählt sie zunächst die Sorten Bacio und Passionsfrucht - Küsse und Leidenschaft hält sie für eine passende Kombination. Doch ein Schild weist sie auf die Sorte Limette-Basilikum hin, die sie noch nicht kennt. Also bestellt sie dieses Eis, das es darüber hinaus nur noch kurze Zeit geben wird. Beim Bacio, das sich als Schoko-Nuß-Nougat-Eis entpuppt, bleibt sie aber. Vorbei an der klassizistischen Villa Hamilton, in der heute eine Sparkasse untergebracht ist, gelangt sie zum Leopoldsplatz, ja, mit einem S in der Mitte, anders als der hauptstädtische Bruder. Von den zahlreichen Geschäften wählt sie einen Teeladen aus, schnuppert an einem Früchtetee Erdbeere-Moringa. Vom "Baum des Lebens" aus Nordindien, der reich an Nährstoffen ist, hat sie bereits oft gehört. Allerdings ist es nicht möglich, im Shop selbst diesen Tee zu kosten. Andrea hat das angenommen, weil die Packungen draußen als spezielles Aktionsangebot ausliegen. Sie hätte die Probe auch bezahlt; die ganze Schachtel kaufen mag sie jedoch nicht. In der Filiale der Naturkosmetikkette Rituals, für deren Produkte auch die letztjährige Let´s-dance-Drittplazierte Jana wirbt, testet sie den Duft von "The Ritual of laughing Buddha" mit süßer Orange und Zeder sowie "The ritual of Ayurveda", ein Duschöl namens Yogi Delight mit süßer Mandel und Indischer Rose. Sie selbst besitzt bereits ein Bed and Body Spray "Indian Rose and Himalaya Honey". Irgendwie paßt das alles wieder ´mal. Eine freundliche Angestellte bietet ihr Eistee gratis an, den sie dankend annimmt.Auf ihrem Weg entlang der Busstrecke macht sie kurz darauf am Festspielhaus Station, das der Anzahl der Plätze nach als das größte Opern- und Konzerthaus Deutschlands gilt. Bemerkenswert ist, daß es kein eigenes Ensemble hat und vor nicht einmal 20 Jahren unter Einbeziehung von Teilen des ehemaligen Stadtbahnhofes errichtet wurde. Gegen 18 Uhr kommt Andrea in der Sinzheimer Straße an. Das ist viel zu früh, als daß sie jetzt schon den Loft betreten könnte, findet sie. Sie spaziert langsam die Straße hinunter. Bald jedoch merkt sie, daß sie in einem Gewerbegebiet gelandet ist. Käme man tatsächlich in die Gemeinde Sinzheim im Kreis Rastatt, wenn man der Straße weiterhin folgen würde? Bestimmt. 6 Kilometer sind es bis dorthin, wird sie später aus dem Internet erfahren. Sie kehrt um und gelangt wieder zum Anfang der Straße, sieht sich die Geschäfte der benachbarten Ooser Hauptstraße und Ooser Bahnhofstraße an. Wieder in der Sinzheimer Straße angekommen, kauft sie sich im asiatischen Restaurant Miu Miu einen Rhabarbersaft, den sie bedächtig genießt. An der Kasse wartet eine durchsichtige Plastikbox mit Glückskeksen auf die Gäste. Andrea nimmt sich zunächst einen Keks, erkundigt sich, ob es OK sei, einen weiteren auszuwählen. Der Herr an der Kasse lächelt sie freundlich an: "Natürlich." Andrea greift nach dem zweiten Keks, bedankt sich, läßt beide in der Jackentasche verschwinden. 19.45 Uhr. Jetzt kann ihr niemand mehr nachsagen, sie würde zu früh im Loft eintreffen. Also geht sie hinein. Ralf bedient auch heute den Grill. Die beiden begrüßen sich. Andrea fragt Ralf, ob er einen Glückskeks möchte. Er bejaht, und Andrea gibt ihm das in goldfarbiges Papier verpackte Gebäck. "Magst Du ´was essen?" möchte Ralf wissen. "Wenn Du wieder dieses vegetarische Gericht aus der - wie spricht man das aus? Tagine? Tashine? - hast, dann gerne das, bitte. " "Tashine. Tut mir leid, das kann ich heute leider nicht anbieten." "Was ist überhaupt eine Tagine?" möchte Andrea wissen. "Ein marokkanischer Schmortopf", erklärt Ralf. "Danke. Etwas anderes ohne Fleisch nehme ich gerne. Ich esse wenig Fleisch, und im Moment ist mir gar nicht danach." "Kein Problem", lächelt der Gastgeber, "ich kann Dir ein Baguette anrösten. Baguette mit Olivenöl, geht das klar?" Andrea stimmt zu. "Kann ich Dir helfen?" fragt sie. "Nein, danke, nicht nötig. Du kannst Dich hinsetzen, ich bringe es Dir." "Sehr nett, danke schön", antwortet Andrea verlegen, damit hat sie nicht gerechnet. Wieder ertönt der Song, den sie bereits gestern abend gehört hat, im Hintergrund: "Save the last dance for me". Am Grill tanzt es sich aber schlecht, denkt Andrea. Sie blickt sich nach einem freien Platz um, begrüßt Anna, die, heute in Kiwigrün, an ihrem Tisch sitzt, und die anderen. Ralf serviert Andrea das Baguette, dazu einen Teller mit Olivenöl, so viel, daß sie sicher nicht alles aufbrauchen kann. "Möchtest Du Salz und Pfeffer dazu?" "Gerne", Andrea ist noch immer verblüfft. Das Salz erweist sich als zartrosa, naturbelassenes Himalayasalz, der Pfeffer als Tellicherry, eine äußerst aromatische Sorte, die ausschließlich in der Provinz Thalassery im Südwesten Indiens angebaut wird. Andrea bedankt sich abermals. "Wieviel bekommst Du?" fragt sie danach. "Machen wir später", schlägt Ralf vor. Andrea nickt. "Aber die 10 Euro Eintritt kann ich Dir gleich geben." Wieder soll sie sich mit Namen in eine Liste eintragen, wieder sind die Angabe von e-Mail-Adresse und Telefonnummer freigestellt. Andrea schreibt so wie gestern ihre e-Mail-Adresse hin. Sie entdeckt Beata mit deren Freund Jonas sowie Ilona, sagt ihnen hallo. Am Getränkestand begrüßt Giuseppe sie genauso herzlich wie am Vortag. Und er kann sich wohl noch an sie erinnern, denn er fragt: "Und heute, Signorina? Wieder eine Bitter Lemon?" "Nein, heute ein Wasser `mit', bitte", erwidert Andrea. "Also ein Spruzelwasser", Giuseppe spricht es mit langem U aus. Andrea findet die Bezeichnung lustig. Sie setzt sich an ihren Tisch, trinkt einen Schluck Wasser, zieht dann ihren Glückskeks aus der Tasche und öffnet ihn neugierig. Auf dem Papierstreifen ist zu lesen: "Sie bekommen einen Trumpf in die Hand; halten Sie ihn vorerst verdeckt." Andrea zeigt den Satz Ilona, hoppla, eigentlich sollte sie das ja nicht. Die Limburgerin liest, blickt Andrea an und nickt anerkennend. Andrea wüßte zu gern, welcher Spruch in Ralfs Keks verborgen ist. Ob sie ihn nachher fragen soll? Ehe sie den Gedanken zu Ende gebracht hat, wird auch schon zum Beginn der Veranstaltung gerufen. Ralf verzichtet heute vollständig auf die Kopfbedeckung, trägt weder Hut noch Tuch. Er stellt Giuseppe und Santo dem Publikum vor. Giuseppe, den er ab und zu bei seinem Spitznamen Pippo nennt, hat vor einigen Jahren das Buch "Erzähl mir von Dir, Papa!" veröffentlicht. Sein Sohn Dario hat ihn tatsächlich einmal darum gebeten, von seinen Kindheitserlebnissen im sizilianischen Städtchen Santo Stefano di Camastra zu berichten. Aber auch davon, wie es für ihn war, mit 11 Jahren aus der vertrauten Umgebung nach Hausach im Schwarzwald zu ziehen, zusammen mit den Eltern und den Geschwistern, darunter seinem kleinen Bruder Santo, der auch heute wieder im Loft anwesend ist. Giuseppe sprach, als er nach Deutschland kam, kein Wort der Landessprache, die er im Vergleich zum lieblichen Klang seiner Heimatsprache wie Hundegebell empfand. Der junge Neuankömmling wurde von vielen der Einheimischen diskriminiert, als "Ithaker" beschimpft, durfte anfangs nicht einmal zur Schule gehen. Seine ersten Freundschaften vermittelte ihm die Musik. Er träumte davon, singen zu können wie die berühmten Operntenöre, trug den deutschen Kindern in seiner Straße sizilianische Volkslieder vor und lernte von diesen "Hänschen klein" und "Alle meine Entchen". Aus vielen dieser Erinnerungen Giuseppes liest Ralf den Gästen vor. Doch auch um "Pippos"Jugend geht es, seine Lehre als Industriemechaniker; sein späteres Einzelhandelsgeschäft mit Keramik aus seiner Geburtsstadt und jenes mit italienischen Weinen, das aber nur 8 Jahre lang bestand. Der Autor selbst verzaubert alle mit klassischen Interpretationen von Volksweisen seines Herkunftslandes, unter anderem "Ich hatte einen Esel". Zwischendurch gibt es eine kurze Pause, man kann im Raum bleiben oder auf den Hof hinausgehen. Andrea holt sich bei Giuseppe eine Bitter Lemon, dieser lächelt, als wollte er sagen: "Wußte ich´s doch, daß Du Dir heute noch eine bestellst." Sie lobt Giuseppes Gesangstalent, erkundigt sich, ob er eine klassische Ausbildung hatte. "Ein paar Jahre, ja", antwortet Giuseppe ihr. Ein paar Damen äußern Musikwünsche, "O sole mio", "Santa Lucia". "Aber Kinder", seufzt Giuseppe, "das sind doch alles keine sizilianischen Lieder, das paßt doch dann gar nicht." "Schade", meint eine der Frauen. Andrea setzt sich mit ihrem Getränk an einen der Tische und sieht Ralf, der zu ihrem Erstaunen ebenfalls ein Glas mit dem gelblichen Softdrink in der Hand hält. Sie schmunzelt zufrieden. Vernünftig, denkt sie, immer nur Rotwein greift die Gesundheit an. Zu früh gefreut. Ralf geht auf seine Mama zu, stellt ihr das Glas auf den Tisch - und hält sich selbst doch wieder an Wein. In Ermangelung eines Klingelzeichens, wie man es aus dem Theater kennt, läßt Ralf ein langgezogenes "Oooommmm" hören, was Gelächter auslöst. Beim zweiten "Oooommmm"-Mantra begeben sich die meisten in den Loft zurück, so auch Andrea, die wieder auf ihrem Sitzball Platz nimmt. Nach weiteren Kapiteln aus Giuseppes Buch und einigen Liedern ist die Veranstaltung offiziell beendet. Ralf macht auf das kommende Wochenende aufmerksam: Am Samstag gäben 3 nepalesische Großmeister ein Klangschalenkonzert. Sie hätten leider lediglich eine begrenzte Erlaubnis, sich in Europa aufzuhalten (Andrea schüttelt wieder einmal den Kopf über absurde Gesetze), seien momentan in Dänemark und danach nur ganz kurz in Deutschland. Am Sonntag hätte man die Gelegenheit, sich persönlich eine Klangschalenmassage geben zu lassen, außerdem könne man von einer Tibeterin die Kunst erlernen, die traditionellen Teigtaschen namens Momos zuzubereiten. Daß es sich bei dieser Tibeterin um Ringzing aus Barcelona handelt, wird Andrea erst ein paar Tage später erfahren. Giuseppe erfreut die Anwesenden mit ein paar Zugaben. "O sole mio" ist nun doch dabei und "Ciao, ciao, Bambina", von dem Andrea gar nicht weiß, aus welcher italienischen Region es stammt. Ciao, ciao, Bambino, denkt sie und mag eigentlich gar nichts von Abschied wissen. Ralf schaltet den CD-Player an; diesmal ertönen mehr schlagerhafte italienische Titel. Andrea und ein paar andere tanzen zu der Musik. Einige unterhalten sich mit Ralf, andere mit Giuseppe, ein paar kaufen dessen Buch. Die Musik läuft noch immer. Andrea beobachtet Ralf. Save the last ...? Aber dieser wiegt sich nur ein wenig in den Hüften oder wippt mit dem Fuß im Takt. "Wer möchte, kann auch ´rausgehen", wendet er sich ans Publikum, "aber bitte leise reden, damit wir die Nachbarschaft nicht ärgern." "Bei gedämpfter Lautstärke kommt man sich näher", lacht eine Dame. Draußen fällt Andrea ein, daß sie Ralf das Geld für das Baguette noch gar nicht gegeben hat. "Ach so", es klingt, als habe er das schon vergessen gehabt. "Dann gib ... einfach 2 Euro", schlägt er lächelnd vor, und das tut Andrea, die sich bewußt ist, daß das Baguette bestimmt mehr als diesen Betrag wert ist. "Gern", erwidert Andrea, "hat super geschmeckt." Um das Gespräch in eine andere Bahn zu lenken, erkundigt sie sich nach seinem Glückskeks-Spruch. Doch er verrät ihn nicht. "Mußt Du mir ja auch nicht sagen", stellt Andrea klar. Vielleicht hat er sogar den gleichen wie ich, geht es ihr durch den Kopf, bei den vielen Übereinstimmungen zwischen uns würde mich das nicht wundern. Und im Gegensatz zu mir befolgt er das, was auf dem Zettel steht. Andrea bedankt sich bei ihm für das herrliche Wochenende, versäumt auch nicht, seiner Mama ihren Dank auszusprechen. "Bis bald, mach´s gut", wünscht sie Ralf noch einmal und: "Tashi delek!" Als sie ins Freie tritt, ist ihr ein wenig kalt. Ciao, ciao, Bambino, muß sie erneut denken. Sie wird die Melodie dieses italienischen Evergreens die ganze Busfahrt über leise vor sich hinsummen.
Am Sonntag steht sie gegen 9 Uhr auf, verabschiedet sich von der freundlichen Pensionswirtin und verspricht, gern einmal wiederzukommen. Sie gibt der Dame den Schlüssel und die Gästekarte zurück; letztere hat sie nicht einmal gebraucht. Im Bus zum Bahnhof summt sie nochmals "Ciao, ciao, Bambino". An der Haltestelle Sinzheimer Straße spielt sie sogar mit dem Gedanken, kurz auszusteigen, verwirft diesen jedoch schnell wieder. Auf dem Bahnsteig kann sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Eine Frau in einem langen, bordeauxfarbenen Kleid erkundigt sich besorgt auf Englisch, ob alles in Ordnung sei. "Ja", gibt Andrea in gleicher Sprache zurück, "es ist nur immer schwer, sich von lieben Menschen zu verabschieden." Die rundliche Dame drückt Andrea an sich, faengt an, ihr einen Gospelsong vorzusingen. Andrea stimmt bald mit ein, und sie beginnt schon wieder zu lächeln. Die Lady erzählt, sie gehoere dem Chor in der Kirche von Baden-Baden-Oos an. "Ich habe dort, woher ich stamme, auch in einem Chor gesungen", Andrea fühlt sich schon wieder etwas besser. "Danke Dir! Ich werde wieder hierher kommen. Alles Gute für Dich!" wünscht sie der Frau. "Danke, für Dich auch, my sister, und möge Gott Dich segnen." Andrea bedankt sich. Im Zug und danach im Fernbus wird sie die Melodie des Gospelsongs vor sich hinsummen und an das traumhafte Wochenende zurückdenken.
Sonntagmittag, 02. 07., gegen 13 Uhr, in Faisals Wohnung in Köln. Heinrich ist zu Besuch gekommen. Kathrin trainiert mit Vadim in Wien für das nächste Tanzturnier; Oana unterrichtet in ihrer und Erichs Tanzschule.
Heinrich: Da bin ich ja ´mal gespannt, was für ein Rezept Du uns ´rausgesucht hast.
Faisal: Erfährst Du gleich. Hast Du an die Zutaten gedacht, die Du mitbringen solltest?
Heinrich: Ja, frischen Koriander vom Wochenmarkt. Den habe ich Freitag geholt und ins Wasser gestellt. Kokosmilch aus dem Asialaden.
Faisal: Und Dosentomaten?
Heinrich: Ich hab´ mich für frische entschieden.
Faisal: Um so besser. - Ah, das ist eigentlich Kokosmilch für süße Speisen, also Puddings und ähnliches, aber man kann sie auch für unser Rezept einsetzen. Mh, der Koriander duftet lecker.
Heinrich: Finde ich auch, sehr aromatisch.
Faisal: Jetzt verrate ich es Dir. Ich hatte vor, mit Dir Dal zu kochen, ein indisches Linsengericht. Man kann es als Suppe oder als Eintopf zubereiten.
Heinrich: Als Eintopf würde es mir besser gefallen.
Faisal: Dann diese Variante. Das Rezept habe ich von Oana.
Heinrich: Und sie von Andrea, oder?
Faisal: Oh, da habe ich sie gar nicht gefragt, aber es läge natürlich nahe. - So, hier sind rote Linsen. Aber zuerst kümmern wir uns um die Gewürze. Wir mischen uns ein Garam Masala, das kann man ganz nach eigenem Geschmack zusammenstellen. Ich habe Zimt, Kardamom, etwas schwarzen Pfeffer und Kreuzkümmel ausgewählt. Ist das OK so, oder möchtest Du ´was austauschen, weglassen, ergänzen?
Heinrich: Nelken könnte ich mir noch vorstellen.
Faisal: Dann nehmen wir die noch dazu. Die Gewürze werden zusammen in ein Schälchen gegeben und fein gemahlen. Hinzu kommen Paprika- und Korianderpulver sowie ein wenig Chilipulver, wenn man mag.
Heinrich: Ich mag schon, und es kann bei mir auch ein wenig mehr sein.
Faisal: Alles klar. Bei Oana muß ich mit den scharfen Sachen vorsichtig umgehen.
Heinrich: So, so. Und jetzt werden die Gewürze angebraten, stimmt´s?
Faisal: Genau. Wir nehmen heute Margarine, in Indien verwendet man meist das Butterfett Ghee. Normale Butter ginge auch.
Heinrich: Aha.
Faisal: Zwiebeln und Knoblauch werden ganz fein gehackt, ein Stück Ingwer ebenfalls. All das wird zu der Gewürzmischung gegeben und mit angebraten. Und das Rühren bitte nicht vergessen, sonst brennt die Angelegenheit leicht an.
Heinrich: OK.
Faisal: Nun ist endlich Zeit für die Linsen. Und gieß bitte Deine Kokosmilch dazu, ruhig die ganze Packung. Die Tomaten kannst Du kleinwürfeln. Ich fülle noch mit Wasser auf.
Heinrich: Das duftet schon jetzt wunderbar.
Faisal: Recht hast Du. Wir warten nun, bis alles aufkocht.
***
Faisal: Alles andere kann auf kleiner Flamme geschehen.
Heinrich: Kleine Flamme, Du denkst wohl pausenlos an Oana.
Faisal: Witzbold. Wir lassen die Linsen weichwerden. Dabei können wir uns ja ein paar Let´s-dance-Videos auf Clipfish ansehen.
Heinrich: Aber ab und zu müssen wir rühren.
Faisal: Richtig, doch es ist nicht mehr ganz so oft nötig.
Heinrich: Kathrins und meinen Contemporary?
Faisal: Gerne, aber danach bitte die Rumba von Oana und mir.
Heinrich: "I swear". Laut Oana immerhin ihre beste Rumba bei Let´s dance.
Faisal: Ach, das hast Du auch gelesen? Ja, das schrieb sie, und ich fühle mich da geehrt. Schließlich hat sie ja auch mit Eric eine getanzt.
***
Heinrich: Ich hab´ probiert, die Linsen sind weich genug.
Faisal: Super, dann stell bitte den Herd aus. Der frische Koriander wird erst jetzt darübergestreut. Wenn man möchte, kann man noch mit Limettensaft abschmecken und etwas frische Chili ergänzen.
Heinrich: Limette gern, mit Chili ist es durch das Pulver genug, denke ich. Ich hatte eigentlich nur von "ein wenig" mehr gesprochen.
Faisal: Sorry, da bin ich wohl wieder über das Ziel hinausgegangen.
Heinrich: Macht doch nichts, wir können ja Brot dazu essen. Oder Joghurt, der reduziert ebenfalls die Schärfe.
Faisal: Ich habe noch arabisches Fladenbrot. Und Joghurt stelle ich auch gleich auf den Tisch, den werde ich nur noch schnell mit Minze würzen.
***
Heinrich: Mh, das schmeckt wirklich toll. Und gar nicht soo scharf.
Faisal: Na, siehst Du.
Heinrich: Vielen Dank an Oana für das Rezept. Ich werde es auch ´mal an Kathrin weitergeben.
Faisal: Und irgendwann laden Du oder ich Vanessa und ihren Andreas ein. Als Dankeschön dafür, daß wir auf ihrer Hochzeit mitfeiern durften.
Heinrich: Ja, das werden wir machen. - Du, Faisal, darf ich mir als Gast etwas wünschen?
Faisal: Bitte sehr!
Heinrich: Können wir uns zusammen Deinen und Oanas Bollywood ansehen?
Faisal: Das wollte ich Dir sowieso vorschlagen, paßt doch perfekt zum indischen Essen.
Anmeldungsdatum: 13.10.2014 Beiträge: 2674 Wohnort: München
Verfasst am: Mo 03. Jul. 2017 17:03 Titel:
Hallo ihr!
Ich bin auch mal wieder da, hatte in letzter Zeit nur einiges zu tun, da die letzten Klausuren waren und ich zusätzlich von meinem Schultheater noch Aufführungen hatte.
Eure Geschichten finde ich toll. Mir fehlt immer noch ein wenig die Kreativität um etwas zu schreiben, aber das kommt sicher wieder ^^ _________________ Contemporary ist für mich getanzte Poesie
Hallo Fabiola , schoen, dasz Du wieder Zeit zum Mitschreiben hast B-). Schultheater klingt ja interessant; schreibt Ihr die Stuecke, die Ihr auffuehrt, selbst? Ich freue mich auf neue Geschichten von Dir
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